AudioWorker’s Place:

Digitale Audiobearbeitung
für freie Radio-Arbeiter

 

Die sog. Digitalisierung des Rundfunks ist auch im öffentlich-rechtlichen Bereich seit den 1990iger Jahren rasant voran geschritten, da die Kosten der notwendigen Hard- und Software gegenüber denen der Analog-Technik deutlich niedriger ausfallen. Zudem glaubt man in den Anstalten nicht ganz zu Unrecht, dass durch Digitalisierung ein Teil der Aufgaben, die bislang teure, fest angestellte technische Mitarbeiter leisteten, nun den Programm-Mitarbeitern übertragen werden kann - vor allem den freien Programm-Mitarbeitern: vom Schneiden der eigenen O-Töne bis zur Anlieferung eines sendefertigen Beitrags.

Für die freie Mitarbeiter muss diese Entwicklung nicht notwendig von Nachteil sein, ermöglicht sie doch auch eine größere Unabhängigkeit von den bislang von den Sendern nur zu deren Bedingungen zur Verfügung gestellten Ressourcen: Man kann schneiden, wann, wo und wie lange man will, muss sich nicht mehr mit womöglich nervigen oder gestressten Kollegen aus der Technik auseinandersetzen - kann allerdings auch nicht mehr auf Hilfe und Rat oder das kompetente Urteil netter Kollegen bauen.

Zudem ermöglicht die eigene technische Bearbeitung auch neue Arbeitsweisen. Statt seine Interviews erst mühsam zu transkribieren, kann man z.B. bei kleineren Projekten gleich beim Schreiben, sozusagen in vivo die passenden Passagen für die O-Töne aus dem aufgenommenen Material extrahieren (und merkt dabei auch gleich, ob sich das überhaupt so schneiden lässt, wie man es denn gerne hätte).

Viele Freie sehen sich mithin vor die Aufgabe gestellt, Equipment zur digitalen Soundbearbeitung anzuschaffen und es benutzen zu lernen. Umgekehrt stellt man in den Rundfunkanstalten (und leider nicht selten auch noch als Hörer) immer wieder fest, dass von Freien angeliefertes, selbst produziertes und bearbeitetes Material qualitativ unzureichend ist: Schlechte Schnitte, falsches Audioformat, schlechte Aussteuerung, falsches Aufnahmegerät, mangelhafte Bedienung usw.

Diese Seiten sollen eine kleine Hilfe bei der privaten Digitalisierung sein und einige grundlegende Fragen klären. Was die Software angeht, wird der Schwerpunkt hier möglichst auf Open-Source-Lösungen liegen, da es für Freie nicht sinnvoll sein kann, sich von einzelnen Softwareschmieden und deren Preis- und Feature-Politik abhängig zu machen.

 

Zunächst aber noch ein Wort zum Geld:

Es zeigt sich leider, dass auch öffentlich-rechtliche Anstalten die von Freien durch Eigenproduktion zusätzlich erbrachten Leistungen häufig unentgeltlich haben wollen, frei nach dem Motto: Umsonst ist besser als billig!

Sicherlich ist es hier in erster Linie Aufgabe der Gewerkschaften, tarifvertragliche Voraussetzungen für eine angemessene Honorierung zu schaffen. Jeder Freie sollte sich aber auch selbst überlegen, ob und inwieweit sich für ihn die private Digitalisierung überhaupt lohnt:

Denn: Gewerkschaften können zwar versuchen, die Honorierung zusätzlich erbrachter Leistungen von Freien durchzusetzen. Sie werden damit aber wenig Erfolg haben, wenn die Freien bereit sind, diese Leistungen auch (um)sonst zu erbringen.

 

Und ein Wort zum kreativen und sozialen Aspekt:

Klar, als freier Radioarbeiter bist du genial, innovativ und kreativ. Warum sonst würdest du beschäftigt? Als freier Digital-Home-Producer bist du aber vor allem auch eins: einsam!

Bislang konntest du auf die Kompetenz von TechnikerInnen, ToningenieurInnen und bei größeren Sendungen zumeist auch von RegisseurInnen bauen, die nicht nur ihren Anteil an der Arbeit zur Herstellung ‘deiner’ Sendung übernommen und dir vielleicht auch noch den einen oder anderen Tipp mit auf den Weg gegeben haben, sondern ganz wesentlich auch dafür verantwortlich waren, dass das Produkt in technischer wie ästhetischer Hinsicht state of the art war.

Als Home-Producer hast du dafür selbst Sorge zu tragen. Dein Gegenüber im Funkhaus ist im Extremfall, also bei vollständiger Eigenproduktion nur noch die Redaktion, deren technische Kompetenz u.U. geringer als deine eigene ist und deren ästhetische Kompetenz sich nicht selten auf ein geschmäcklerisches “Gefällt uns” oder “Gefällt uns nicht” beschränkt. Gleichzeitig sind technische Umsetzung und ästhetische Gestaltung deines Beitrags jetzt aber (zusätzlich zu seinem Inhalt) Gegenstand des Deals mit der Redaktion, die ja nach wie vor dein Auftraggeber und Kunde ist. Kurz: Das ohnehin nicht ganz einfache Verhältnis zwischen Redaktion und Autor wird bei zunehmender Eigenproduktion nicht einfacher werden.

Willst du auch als Home-Producer weiterhin kreativ und innovativ bleiben, solltest du dir daher, innerhalb oder auch ausserhalb der Funkhäusern, für die du arbeitest, Zusammenhänge aufbauen, in denen ein Austausch bei technischen Problemen und eine Auseinandersetzung um ästhetische Fragen unabhängig von Verkaufsverhandlungen möglich ist - und auch stattfindet.

 

Aber nach so viel Vorbemerkungen endlich

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